Die Königskiefer im Brandgebiet bei Hohnstein


Zwei Artikel:
1. Dietrich Graf- Mitteilungsblatt der Stadt Hohnstein (Okt.2010)
2. Holm Riebe- SSI Heft
3. Eigene Bemerkungen


1. 100 Jahre Naturschutz im Brandgebiet

Dietrich Graf- Mitteilungsblatt der Stadt Hohnstein (Okt.2010)

1910 entstand der Naturschutzbezirk „Königskiefer - Begangsteig“ im Hohnsteiner Forstrevier Naturschutzbestrebungen haben in der Sächsischen Schweiz eine lange Tradition. Sogar das erste Naturschutzgebiet Sachsens ist bereits 1910 hier entstanden. Dieser so genannte Naturschutzbezirk auf dem Hohnsteiner Revier war immerhin 37,84 ha groß und umfasste drei Waldpartien beiderseits des Neuweg-Einschnittes in die Brandebenheit:

- östlich des Neuweges
1. die Riffspitze mit der Königskiefer einschließlich des darunter liegenden Steilhanges,
2. das Felsriff zwischen Niederem Saugrund und Schulzengrund sowie

- westlich des Neuweges
3. die felsige Oberhangkante des Polenztales am Begangsteig zwischen Sänftengrund und Kleinem Kuhstall einschließlich des Felshornes südlich der Schlinge.

Diese Teile galten damals noch als urwaldartig und waren fortan von der forstlichen Bewirtschaftung ausgeschlossen (später sprach man auch vom Bannwald Hohnstein). Der ausgewiesene Naturschutzbezirk betraf Staatswald im schwierigsten Gelände, sodass der verfügte Nutzungsverzicht für die Forstwirtschaft nicht so sehr ins Gewicht fiel. Der Naturschutzbezirk Königskiefer - Begangsteig ging 1940 im wesentlich größeren Naturschutzgebiet Polenztal auf, das nun das gesamte Engtal bei Hohnstein auf beiden Seiten der Polenz umfasste (72,26 ha).

1961 wurde dann dieses Naturschutzgebiet durch Verordnung neu bestätigt, zwar ohne die zwei bisherigen Außenteile östlich des Neuweges, dafür aber des eindeutigeren Grenzverlaufes wegen mit Zugängen östlich des Knotenweges und der Ziegenrückenstraße (91,43 ha). Gleichzeitig entstand - nahtlos am Nordrand angrenzend - das Naturschutzgebiet Zeschnigleiten (99,42 ha). De facto bildete beide zusammen ein in sich geschlossenes Naturschutzgebiet. Mit der Verkündung des Nationalparkes Sächsische Schweiz zum 1. Oktober 1990 wurden alle darin befindlichen Naturschutzgebiete gelöscht, was auch heutiger Sicht juristisch betrachtet als eine voreilige Entscheidung beurteilt wird; denn im bundesdeutschen Naturschutzrecht nimmt die Kategorie Naturschutzgebiet unter allen Schutzformen den ersten Platz ein und verfolgt daher nach wie vor noch den höchsten Schutz, die Kategorie Nationalpark steht erst an zweiter Stelle im Bundesnaturschutzgesetz (auch in seiner jüngsten Fassung von 2009).

Königskiefer bei Hohnstein
Die Königskiefer

Die Ortsbezeichnung „An der Königskiefer“ lebt nur noch in der Erinnerung an diesen legendären Baum weiter. Jene markante breitkronige Riffkiefer gibt es schon lange nicht mehr. Über den Ursprung dieser Namensgebung ist nichts Genaues überliefert. An einen Königsbesuch wie z B. beim Hinterhermsdorfer Königsplatz kann der Baumname wohl kaum erinnert haben. Es wird vielmehr sicherlich die einmalige Baumgestalt dazu geführt haben. Die mindestens 400 Jahre alt gewordene Felskiefer galt bei den Einheimischen noch vor der Fremdenverkehrszeit bereits als König unter den hiesigen Altkiefern, vor allem von Waltersdorf aus ragte ihr mächtiges Geäst aus dem Kronendach der Felsbestockung wie eine Landmarke auffällig hervor. Mit der touristischen Erschließung wurde die Königskiefer ein Ausflugsziel, wie heute noch verwitterte Felsinschriften (Namenszüge) an ihrem ehemaligen Wuchsplatz belegen. Um 1925 wurde die Königskiefer altersbedingt dann doch mit einem Mal dürr. 1947 warf sie ein Sturm um. Kronenreste verklemmten sich dabei in einer Felsspalte. Die Baumreste wurden noch im gleichen Jahr in Selbstwerbung zu Brennholz aufbereitet, das zum Neuweg hinabgelassen („geblußt“) wurde. In der Arbeitslosenzeit zwischen den zwei Weltkriegen war es im Brandgebiet üblich, an alten Riffkiefern dürre Äste („Zaken“) zur Kienholzgewinnung abzusägen. Die Zaken wurden zuhause zu Kienspänen verarbeitet, die anschließend auf dem Pirnaer Markt zum Verkauf kamen. Diese Kienwerbung machte damals selbst vor der dürren Königskiefer nicht halt, wie ein Foto von 1928 zeigt.

Im Hohnsteiner Revier gelangte früher noch eine zweite Kiefer zu Ruhm: die Brandkiefer. Sie stand als stattliche Altkiefer auf dem Brand nahe der Aussicht und besaß einen vollholzigen, wipfelschäftigen Stamm mit langer, schmaler Krone. Als Riffkiefer war sie also das ganze Gegenteil von der Königskiefer. Heute befindet sich im Hohnsteiner Stadtwald unterhalb der Mühlbergstraße am Fußweg ins Polenztal eine prachtvolle Altkiefer als Überhälter von ähnlichem Aussehen wie die nach 1900 eingegangene Brandkiefer. Diese Mühlberg-Kiefer hat einen Brusthöhendurchmesser von 0,85 m und gilt als die derzeit stärkste und höchste Kiefer der Sächsischen Schweiz.

Dietrich Graf

Rathewalde

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2. Der Naturschutzbezirk an der Königskiefer im Hohnsteiner Revier - oder 100 Jahre Naturschutzgebiet Polenztal

Eigentlich weiß es nur noch einer, wo sie genau stand – die uralte und legendäre Königskiefer hoch oben über dem Polenztal auf dem Pfostenhorn -, es ist der ehemalige Oberförster Dietrich Graf. Ihm hat es noch der Revierförster Max Beer (1895-1981) erzählt, der in den 1920er Jahren hier als Waldarbeiter gearbeitet und sie selbst gekannt hat.

Nur in der alten und seltenen 10.000er Karte vom Basteigebiet (1924) ist ihr Standort exakt eingetragen. Als wir den Ort an einem Augustabend dieses Jahres aufsuchten, ist es für den fast 75-jährigen Dietrich Graf kein einfacher Gang: Der Weg ist verwachsen und an den Felsspalten fehlen die Übergange. So zieht sich unser kleiner Waldbegang bis in den Abend hin, und es ist gut, dass wir beide alte Hosen anhaben.

Die Königskiefer war einst ein berühmter Baum, der auf dem Felsriff zwischen Niederem und Mittlerem Saugrund stand, und sie galt als "der schönste Baum des ganzen Felsenlandes". Nur vier Fotografien sind von dieser beeindruckenden Kiefer bekannt geworden. Der mächtige Baum hatte etwa 1 m Brusthöhendurchmesser und war wohl über 14 m hoch: Es war also eine außergewöhnlich starke Riffkiefer (Akte der Oberforstmeisterei Schandau 1849). Er starb um 1925 ab und fiel 1947 bei Sturm in eine Schlucht, wo er zu Feuerholz (Notzeiten!) aufgearbeitet wurde (D. Graf; persönliche Mitteilung).

Königskiefer im Brandgebiet
Die legendäre 500-jährige
Königskiefer, ,,der schönste
Baum des ganzen Felsenlandes",
um 1900, Foto von W. Thiel,
Dresden

Wie alt der Riese war, ist schwer zu ermitteln. Ein Herr Kurt Seifert aus Hohnstein, der im Dürrejahr 1947 auf dem Riff Brandwache hielt, hat 500 Jahre an dem Baumstumpf ausgezählt, so lauten auch die Angaben in der Forstakte. Dass Kiefern so beeindruckende Dimensionen annehmen können, hat der Verfasser dieser Zellen im Ietzten Jahr im Chocske Vrchy (Slowakei) gesehen, wo er eine Kiefer ähnlicher Mächtigkeit (Brusthöhendurchmesser 1,48 m!) an einem Waldrand bei Velke Borove angetroffen hat. Die derzeit älteste bekannte Kiefer der Sächsischen Schweiz steht auf dem Thorwald und ist 306 Jahre (Stand 2010) alt, besitzt aber bei weitem nicht diese Dimension.

Die Anfänge des Naturschutzgebietes Polenztal liegen etwas im Dunkeln, aber nur etwas und sie haben etwas mit jener Königskiefer zu tun. Der Naturschutzbezirk im Hohnsteiner Revier wie das Schutzgebiet in den spärlichen Quellen bezeichnet wurde, bestand aus vier Einzelflächen, wovon zwei Flächen östlich des Neuweges lagen und eine direkt bis an den alten Wuchsplatz der Königskiefer reichte. Die anderen beiden Flächen umfassten die inselartige Felskuppe269 (Teilfäche 36e) und das Fels- und Steilhanggebiet nördlich davon, wo heute der Panoramafels und der Pantinenturm stehen. Betrachtet man die Abgrenzung dieses Gebietes, so gewinnt man den Eindruck, dass Waldflächen benannt wurden, die kaum einer Nutzung zugeführt werden konnten und die immerhin auch schon fünf Nichtholzbodenflächen enthielten. Eine räumliche Nähe zum Standort der alten Königskiefer ist jedoch unübersehbar. Dieses kleine, zersplitterte Gebiet wurde um 1910 vom Sächsischen Finanzministerium, dem damals die sächsische Forstverwaltung unterstand, als Naturschutzbezirk ausgewiesen. Leider ist das genaue Datum der Unterschutzstellung nicht bekannt, da die Originalunterlagen nicht erhalten geblieben sind. Aber es muss auch erwähnt werden, dass von Anfang an das Gebiet geheim gehalten wurde. Noch 1913 berichtet der Landesverein in seinem Geschäftsbericht anläßlich einer Begehung des Naturschutzbezirkes im Hohnsteiner Revier: "Der hochinteressante Ausflug zeigte ein Stück Urwüchsigkeit im Waldbild, wie sie sich schöner nicht gedacht werden kann. Es ist selbstverständlich, dass ein derartiger Bezirk geheim gehalten werden muss, damit das sich dort entfaltende Leben der Natur nicht gestört wird".

Am 13. Februar 1911 richtete die Abteilung C, Naturschutz des Landesvereines Sächsischer Heimatschutz eine Vorschlagliste über die Gründung von Naturschutzbezirken an das Ministerium des Innern. Unter Punkt 6 wird eine kühle Schlucht des Elbsandsteingebirges vorgeschlagen: ,,Hierfür wäre vielleicht das Gebiet der Sandschlüchte unterhalb der Partschenhörner vorzuschlagen. Doch könnte sich dieses Reservat durch das vom Finanzministerium bereits geschaffene Schutzgebiet im Hohnsteingebiet erübrigen" (SCHELCHER 1919). Das Gebiet wird also im Februar 1911 als existent erwähnt. 1912 schreibt der Tharandter Forstprofessor Franz Mammen in einem Vortrag über die Naturschutzgebiete: ,,Endlich hat er (LVSH) vom Königl. Finanzministerium die Zusicherung erhalten, dass auf Hohnsteiner Revier eine Fläche von 19,45 ha, die heute schon dem Staate so gut wie nichts einbringt, nebst dem 18,39 ha angrenzenden unwirtschaftlichen Felsgelände als Reservat zu betrachten sei." Das Reservat besaß demnach also eine Fläche von3J,84 ha. Diese Flächengröße hat aber nie eine Bestätigung erfahren. In dem Buch ,,Urdeutschland, Deutschlands Naturschutzgebiete in Wort und Bild" von SCHOENICHEN (1935/37) wird nur eine ,,urwaldartige" Fläche von 19,45 ha erwähnt. Nach Verabschiedung des Reichsnaturschutzgesetzes (1935) wurden in Sachsen bis 1943 16 Naturschutzgebiete festgesetzt, darunter auch das NSG Bastei (182ha) und das Naturschutzgebiet Polenztal (72,26 ha). Bei der Vorbereitung der Erweiterung des Naturschutzgebietes Polenztal nennt 1937 der Hohnsteiner Forstmeister Artur Löbner konkrete Flächen des alten Schutzgebietes (gelbe Flächen) mit einer Fläche von nur 25,76ha.

Text Bild 2::Die Abgrenzung des NSG Polenztal von 1940 (rot), die gelben Flächen zeigen den alten Naturschutzbezirk Hohnstein.

In der Festsetzung des NSG Polenztal von 1940 wurde dann der gesamte Polenztalcanon beiderseits der Polenzeinbezogen, die beiden Inselflächen östlich des Neuweges wurden mit übernommen. Bei einer überarbeiteten Ausweisung, als Folge des 1954 erschienenen Naturschutzgesetzes der DDR, wurde das als ,,Waldschutzgebiet Polenztal" bezeichnete NSG in den 1950er Jahren verändert. Es entfielen die beiden östlich des Neuweges gelegenen Bereiche und das Gebiet wurde im Norden erweitert, so dass es jetzt eine Fläche von 91,43 ha einnahm. 1963 wurde das gesamte NSG Polenztal in die Bewirtschaftungsgruppe 1,3 (Totalreservat) eingestuft, damit also praktisch aus der forstlichen Bewirtschaftung herausgenommen.

1990 ging das alte, in seinen Anfängen nunmehr mit achtzig Jahren älteste Flächenschutzgebiet von Sachsen im vorderen Teil des Nationalparks Sächsische Schweiz auf, in diesem Jahr wäre es einhundert Jahre alt geworden. Wenn man heute die einsame und unzugängliche Felskuppe 269 aufsucht, also ein Gebiet, welches mindestens 100 Jahre nicht bewirtschaftet wurde, so ist man erstaunt: Das "urwaldartige" Waldbild unterscheidet sich nicht gravierend von ähnlichen Felsgebieten und Riffen. Die Kiefer dominiert mit vielleicht 70 %,es gibt einige Fichten, Birken, wenige Buchen und eine alte, krumm gewachsene Traubeneiche. Leider haben sich auf der Ostseite einige nicht einheimische Roteichen eingefunden, die unbekümmert dahin wachsen. Auch befindet sich hier ein Rückzugsgebiet der Wildschweine, die unter den kleinen Felsvorsprüngen ihre zahlreichen Lager haben. Schon unten in dem als Schlinge bezeichneten Sattel wächst ein l00-jährigerFichtenforst, dessen Flächen nicht zum alten Naturschutzbezirk gehörten und die eine andere Nutzungsgeschichte aufweisen. Man sieht es. Die alte Königkiefer steht schon lange nicht mehr, nur eine kleine Fläche von Heidelbeerkraut markiert ihren alten und vergessenen Wuchsort. Auch die vielen alten Felsinschriften daneben sind verwittert. Doch hier oben über dem Tal ist der weite Blick geblieben, und der Lilienstein grüßt aus der Ferne herüber wie eh und je.

Holm Riebe

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3. Eigene Bemerkungen

Die Königskiefer auf einer historischen Postkarte
Die Königskiefer auf einer
historischen Postkarte

Ich habe ein neben den beiden im Text gezeigten Fotos ein drittes gefunden. Dabei handelt es sich um eine historische Postkarte die um 1910 im Umlauf gewesen sein dürfte.

Ein Foto der Stelle, an der sich die "Königskiefer " befand, wird in kürze folgen.













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Interessante links :

- Mitteilungsblatt Hohnstein (10.2010)


Letzte Änderung am 10.04.2012


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