Ameisengäste (Myrmekophilie)


Einleitung:

Ameisen leben in ihren Nestern nicht allein. Es sind mittlerweile ca. 3000 tausend verschiedene Insektenarten bekannt, die mit und von Ameisen leben. Der Wissenschaftliche Name für das Zusammenleben von Ameisen und anderen Mitbewohnern in ihren Nestern heißt Myrmekophilie. Dabei ist das griechische "myrmeko" die Ameise und "philos" als "Freund" zu übersetzen. Myrmekophilie wäre somit als "Ameisenfreund" zu übersetzen.

Aber warum Leben andere Insekten in einem Ameisennest? Das Ameisennest biedet ihnen einige nicht zu vernachlässigende Vorteile. Da wären zum einen der Schutz vor Feinden. Eine konstante Temperatur und Luftfeutigkeit im innern des Nestes sind ein weiterer Umstand der das Leben in Ameisennestern atraktiv macht. Zuguterletzt ist die Brut der Vermieter für einige "Gäste" eine nahezu unerschöpfliche Nahrungsquelle.

Diese sogenannten "Ameisengäste", werden in der Literatur meist in drei Gruppen eingeteilt. Im folgenden werden die Gruppen vorgestellt und jewals einige interessante "Untermieder" vorgestellt. Bei vielen Arten der Untermieder ist die Lebensweise und ihre Beziehung zu den Ameisen noch unzureichend erforscht. Das hat zur Folge das die Lieratur unterschiedliche Angaben zu einigen Insektenarten liefert. Der Abschluss ist eine Linksammlung.

Die erste Myrmekophile Art, die unter Ameisen nachgewiesen wurde, waren die Larven des Rosenkäfers. Der Beobachtung wurde vom Arzt und Botaniker "Michael Friedrich Lochner von Hummelstein"(28.Feb.1662- 15.Okt.1720) schon im Jahre 1686 schriftlich niedergelegt.[1]

Um 1820 beschreibt der Forscher deutscher Pfarrer und Entomologe P. W. J. (Philipp Wilbrand Jacob Müller) Müller (1771-1851) einige weitere Myrmekophile Arten. Darunter befinden sich auch Lomechusa strumosa und Dinarda dentata[2]. Einige Jahre später folgte der berühmte Wehlerer Pfarrer Merkel. Sein Verzeichnis der Ameisenfreunde weist bereits 284 Arten auf [3]. Seine Veröffentlichung erregte viel Aufmerksamkeit unter Entomologen was zur Folge hatte das in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Publicationen zum Thema erschienen. Der Keulenkäfer lebt unter Steinen in den Nestern der gelben Ameisen, die ihn wie ihre eigenen Puppen erfassen und in das Innere des ... Wir verdanken dieselben dem Herrn P. W. J. Müller, weiland Pastor zu Wasserleben bei Wernigerode.


1. - Synökie (Synöken)

Das Wort "Synökie" stammt aus dem griechischen, und als "Zusammenleben" übersetzen. und beschreibt die Form ihrer Beziehung sehr gut.Die Gruppe der Synöken sind recht harmlose Untermieter. Für sie ist das Nest nur eine Unterkunft und teilweise Nahrungsquelle. Sie fügen den Ameisen aber meist keinen größeren Schaden und haben sich an ein Leben mit den Ameisen hervorragend angepasst. Um sich vor denen Angriffen zu schützen, haben sie verschiedene Strategien entwickelt.

Vereinfacht kann man sie in folgende Typen einteilen wobei einige "Gäste" auf auch mehrere Schutzstrategien zurückgreifen:

Synoeken des Fluchtyps:

Sie sind meist so flink, dass sie sich den Zugriff der Ameisen entziehen können. Auch sind sie häufig so klein das sie sich im Nest in entlegene Ecken zurückziehen können.

Beispiele:

- Ameisensilberfischchen (Atelura formicaria) - Es ist seiner goldgelben Färbung zu Erkennen und entzieht sich durch flinke Bewegungen den Ameisen. Als Nahrung dienen die Abfällen der Ameisen und gelegendlich erbeutet sie auch Futter bei der Nahrungsübergabe zwischen zwei Ameisen. Die Art lebt in den Nestern vieler Ameisenarten, unter anderem auch bei den Waldameisen.

- Weißer Springschwanz (Collembola) - Er ist klein und überaus flink um den Ameisen zu entgehen. Er wird von den Ameisen wenig beachtet und ernährt sich ebenfalls von deren Amfällen.

- Kurzflügelkäfer der Gattung Dinarda - Auf Grund seines Körperbaues und seines schnellen Verhaltens ist Kurzflügelkäfer der Gattung Dinarda für Ameisen nahezu unüberwindbar. Sie ernähren meist sich von noch nicht entfernten toten Ameisen und Nahrungsresten. Gelegentlich allerdings nehmen diese Käfer teil an der Nahrungsübergabe von sich fütternden Ameisen. Gefährlich wird es für sie wenn sie dabei von den Ameisen bemerkt werden. Aber die Dinarda wissen sich zu helfen, aus einer Hinterleibsdrüse geben ein Sekret ab die Ameisen besäntigt. Die Art Dinarda dentata bevorzugt die Nester der Blutroten Waldameise (Formica sanguinea) während Dinarda Märkeli in den Nestern bei den anderen Waldameisenarten lebt [2].

Synoeken mit einer angepasste Körperform

- Ameisengrillen (Myrmecophilus acervorum)

In diese Gruppe zählen einige Silberfischchen, Springschwänze, Fliegenlarven und besonders Käfer.

- Synoeken mit Gehäuse und Schutzkörper

Manche sind durch Gehäuse und Köcher schwer von den Ameisen anzugreifen, hierzu gehören z. B. die Larve der Motte Hypophrictoides dolichoderella und des Vierpunkt-Ameisenblattkäfer (Clytra quadripunctata) sowie Ameisen-Sackkäfer(Clytra laeviuscula).

Ein interessanter Trick wird von diesen beiden Käferarten angewendet. Beide Arten sind sich sehr ähnlich und lassen sich nur schwer unterscheiden. Ihre Fortpflanzung unterscheidet sich wenig.

Nach der Paarung legen die Käfer ihre Eier in der Nähe von Ameisennestern ab. Anschließend ummandeln sie die mit schuppenförmigen Kotstücken das die Eier wie kleine Zapfen aussehen. Das ganze wird in das Nest der Ameisen getragen. Nach der Entwicklung zu Larven ernähren sie sich von Abfällen aber auch der Ameisenbrut. Immer von einer schützenden Kothülle umgeben dauert die Entwicklungszeit der Larve meist zwei Jahre. Nach einer anschließenden kurzen Verpuppungsphase verläßt der fertige Käfer das Ameisennest.

Andere ahmen den typischen Geruch eines Ameisenstaates nach, oder ähneln ihren Wirten im Verhalten und Aussehen. Zu diesen Ameisen-Mimetikern gehören verschiedene Käfer: Der Glanzkäfer Amphotis marginata versteckt sich tagsüber in der Nähe von Lasius fuliginosus-Nestern; nachts bettelt er auf den Straßen dieser Ameise Arbeiterinnen an und wird tatsächlich von ihnen gefüttert.

Links Synoeken:

Springschwänze, Collembola

Ameisengrille (Myrmecophilus acervorum) - Wikipedia

Ameisengrillen allgemein - Wikipedia

Ameisengrillen - Natur NRW

Hier noch einige weitere Arten:

- Großer Rosenkäfer (Protaetia aeruginosa)
- Ameisen-Sackkäfer(Clytra laeviuscula)
- Vierpunkt-Ameisenblattkäfer (Clytra quadripunctata)
- Weiße Springschwanz - (Cyphoderus albinus)
- Ameisensilberfischchen (Atelura formicaria)
- Glanzkäfer (Amphotis marginata)
- Kurzflügelkäfer der Gattung Dinarda
- Ichneumon eumerus - seltene Schlupfwespe - kein direkter Ameisengast hat sich aber auf im Ameisennest lebende Bläulingslarven spezialisiert
- Ameisengrille Myrmeecophila acervorum


2. - Synechthrie (Synechthren)

Ein weitere Gruppe der Im Ameisennest lebenden Insektenarten sind die sogenannten Synechthren die sich von der Brut aber auch den Arbeiterinnen ernähren. Sie fügen den Ameisenstaat dierekten Schaden zu. Sie haben im Laufe der Evolution ausgeklügelte Strategien entwickelt um sich den Angriffen der Ameisen zu entkommen. Sie Nutzen hierzu ihre Schnelligkeit, mechanische und chemische Mittel.

Beispiele:

Bläulinge

Viele der zur Familie der Bläulinge gehörenden Schmetterlinge leben in einer engen Wechselbeziehung zu Ameisen. Beispiele sind der dunkle und helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling.
Die Ameisenbläulinge legen 250 bis 500 Eier an die Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes. Hier bohren sich die Larven ein und fressen die Blütenköpfe aus. Ende August bis Anfang September sondern die Raupen ein süßliches Sekret ab das Ameisen anzieht. Als mutmaßliche Nahrungsquelle werden sie in die Nester der Ameisen geschleppt und gefüttert. Die Larve ihrerseits ernährt sich von der Ameisenbrut und kann bis zu 600 Ameisenlarven bis zu ihrer Verpuppung fressen. Nach der Überwinterung verlässt das fertige Insekt das Nest. Weitestgehend ungeklärt wie der fertige Falter das Nest verlassen kann ohne von den Ameisen gefressen zu werden.

Diese Lebensweise sorgt dafür das die Larve im Ameisennest vor Fressfeinden geschützt ist und sich weitgehend ungestört zum Schmetterling entwickeln kann.

Weitere Bläulinge die auf diese oder ähnliche Weise vermehren sind der Schwarzgefleckten Bläuling, und der Lungenenzian-Ameisen-Bläuling (Maculinea rebeli).

Diese Lebensweise bringt für die Bläulingsarten nicht nur Vorteile sondern auch Abhängigkeiten mit sich. Sind die für eine erfolgreiche Fortpflanzung erforderlichen Pflanzen und Tiere nicht im Umfeld vorhanden wird auch der Bläuling in diesen Gebiet aussterben.

Kurzflügelkäfern der Gattung Myrmedonia

Von den Kurzflügelkäfern der Gattung Myrmedonia (Größe 4-6mm) leben fast alle Arten unter Ameisen. Der Gattungsname (früher als Gattung Zyras bezeichnet) ist vom griech. myrmedon = Ameisenhaufen abgeleitet [4]. Myrmedonia humeralis ist meist unauffällig in ruhigen Eken des Nestes zu finden. Bei kühlen Wetter wenn die Ameisen weniger aktiv sind und nachts werden sie zu Räubern und verzehren dann Ameisenbrut.

Schwebfliegenarten der Gattung Microdon

Schwebfliegenarten der Gattung Microdon Leben häufig in Ameisennestern werden aber nicht angegriffen. Sie wurden früher zu den harmlosen Nestbewohnern gezählt. Nach neueren Untersuchungen trifft das aber nicht zu. Sie ernähren sich in der Regel von der Brut der Ameisen [3].

Liste der genannten Arten:

- dunkler und heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling und andere Bläulingsarten
- Myrmedonia humeralis (Kurzflügelkäfer)
- Myrmedonia funesta (Kurzflügelkäfer)
- Gattung Zyras (Kurzflügelkäfer) z.B. Zyras limatus
- Drusilla canaliculata (Kurzflügelkäfer - Staphylinidae) Größe ca.4 mm - Foto - Drusilla canaliculata Über die Lebensweise ist mir bisher nichts bekannt
- Emphylus glaber - Schimmelkäfer - Schwebfliegenarten der Gattung Microdon Schwebfliegenarten


3. - Symphilie (Symphilen)

Sie werden auch die echten Ameisengäste genannt. Sie haben es im laufe ihrer Evolution gelernt das Erkennungssytem von Ameisen unwirksam zu machen und mit ihnen über chemische Signale zu kommunizieren [1]. Sie bringen die Ameisen sogar dazu, sie zu pflegen zu füttern und zu beschützen.

Beschrieben werden in der Literatur häufig die zur Familie der Kurzflügelkäfer (Staphylinidae) gehörenden Gattungen Atemeles und Lamechusa (Edmund Reitter). Die Arten der Gattungen leben in einem friedlichen Verhältniss mit den Ameisen. Das friedliche Zusammenleben geht jedoch häufig auf Kosten der Ameisen.

Beispiele für Symphilie:

-> Atemeles pubicollis -

Atemeles pubicollis findet sich unter anderem in den Nestern der Kahlrückigen Waldameise (Formica polyctena). Sie werden, wie auch ihre Larven, genau so behandelt wie Ameisen. Die Larven des Gastes kopieren hierzu das Verhalten der nach Futter bettelden Ameisenlarven und können den Bestand des Ameisennestes schwächen. Ihr Betteln ist sogar intensiver als das der Ameisen was zu einer Bevorteilung bei der Fütterung führt.

-> Lomechusa strumosa -

Die Kurzflügelkäfer Lomechusa strumosa oder Atemeles paradoxus sind echte Ameisengäste; sie kommunizieren vollständig in der "Sprache" ihrer Wirtsameisen (z. B. Formica sanguinea) und werden von ihnen gefüttert und verteidigt; auch ihre Larven beherrschen dieses Manöver; Larve und Käfer fressen daneben unbehelligt die Ameisenbrut.

Liste von Arten:

- Lomechusa strumosa (Kurzflügelkäfer)
- Atemeles emarginatus
- Atemeles pubicollis (Größe 4-5mm) (Kurzflügelkäfer)
- Atemeles paradoxus (Kurzflügelkäfer)
- Claviger testaceus (Kurzflügelkäfer) - Der gelbe Keulenkäfer (Claviger testaceus, jetzt foveolatus genannt)
- Claviger longicornis (Kurzflügelkäfer) - Keulenkäfer, Familie Clavigeridae, - Zu den Symphilen gehören auch die Raupen einiger Bläulinge.

Links zu den Arten Symphilie:

keulenkäfer

Der gelbe Keulenkäfer (Claviger testaceus, jetzt foveolatus genannt)

Ameisengäste ++

keulenkäfer (Clavigeridae)

Atemeles pubicollis

Atemeles pubicollis Ameisenschutzwarte Forum



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Literatur :

- [1] Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas - Bernhard Seifert

- [2] Die Waldameise- Karl Gösswald

- Ameisengäste

- [3] Lehrbuch Der Entomologie, Teil 1 von Konrad Dettner,Werner Peters

- [4] - Myrmedonia - Untermieder im Ameisennest

- [1] Lochner von Hummelstein: "Lapis myrmecius falus cantharidibus gravidus. (Pupa Caloniae)" Ephem. Acad. Net. Curios. 1686 Dec.II An. VI p. 436 ff.

- [2] Beiträge zur Naturgeschichte der Gattung Claviger. Germar Magazin. 1818. 3 Bd. p. 69 ff. Tab.2

- [] Beiträge zur Kenntniss der unter Ameisen lebenden Insecten. Germar Zeitschrift 1841 p.203ff und 1845 p. 194 ff.


Interessante links :

- Ameisengäste - Untermieder im Ameisennest - Ameisenforum.de

- Unter Ameisen

- Ameisengäste - Wissenschaft - online

- Ameisengäste Lomechusa strumosa

- Beziehungen der Waldameise zu fremden Mitbewohnern

- Der Bläuling und die Ameise (Wiesenknopf-Ameisenbläuling)

- Käfer der Gattung Amphotis - Ameisenwiki

- Gattung Myrmedonia


Letzte Änderung am 20.01.2022


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