Amselsee


Einleitung:

Der Weg durch den Amselgrund ist sowohl Teil des historischen als auch des 2006 neu ausgewiesenen Malerweges, und zählt heute zu den beliebtesten Wanderwegen in der Vorderen Sächsischen Schweiz.

Amselsee um 1900
Amselgrund um 1900

Schon der Lohmener Pfarrer und Entdecker der Sächsischen Schweiz Carl Heinrich Nicolai wählte auf seinen Wanderungen den Weg durch den Amselgrund.Nach dem Besuch der Bastei führte ihn der Weg über Rathen am Amselfall vorbei, bis nach Rathewalde. Über den Abschnitt des heutigen Amselsees schrieb er in seinem Wanderführer: "Man wandelt an einem kleinen, munteren Wässerchen, zum Teil über grüne Wiesen und an grünen Sträuchern hin." [1].

Im unteren Teil des Amselgrundes, wo sich das Tal allmählich weitet, befand sich ursprünglich eine romantische Talwiese. Hier fanden lange Zeit Dorffeste, Vogelschießen und Sonnwendfeuer statt.

Mit dem zunehmenden Besucherverkehr in der Sächsischen Schweiz versuchten auch viele Gemeinden, ihre leeren Kassen durch den Bau von Attraktionen aufzubessern. Auch Rathen versuchte sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.

Einen ersten Versuch, die Aue zu nutzen, gab es bereits 1891, als der Rathener Müller und Gemeindevorsteher Friedrich Hermann Kotte (1833-1917) die Idee hatte, "den Grünbach zu einem schiffbaren Waldsee aufzustauen". Doch schon Anfang 1892 kam die Ernüchterung. Die Finanzierung war nicht möglich und auch naturschutzfachliche Gründe mussten berücksichtigt werden. Für die nächsten Jahrzehnte wurde es ruhig um das Projekt.


Der Bau des Amselsees:

Erst im Jahre 1933, als der von der Stadtverwaltung Freital- Potschappel kommende Erich Winkler (1921-1993) Bürgermeister von Rathen die Idee erneut aufgriff, schien auch die Umsetzung möglich. Zur damaligen Zeit stieß man mit solchen Projekten bei den staatlichen Stellen auf offene Ohren. Obwohl die sächsische Regierung unter Ministerpräsident Manfred von Killinger im Januar 1934 das "Sächsische Heimatschutzgesetz" verabschiedet hatte und zahlreiche Naturschützer gegen das Projekt protestierten, hatte Winkler wohl die besseren Argumente.

Der See sollte entstehen,

Grünbach im Amselgrund um 1910
Grünbach im Amselgrund um 1910

".. um das Landschaftsbild zu verschönern und dadurch den Fremdenverkehr des Kurortes Rathen zu fördern. Außerdem sollte das Stauwerk dem Hochwasserschutz dienen, zu Feuerlöschzwecken, zur Fischzucht und Eisgewinnung Verwendung finden. Weiter sollten Gondelfahrten zur Erholung der Kurgäste zugelassen werden."

Bald waren alle notwendigen Formalitäten geklärt. Von den fünf an der Ausschreibung beteiligten Firmen erhielt der Dresdner Tiefbauunternehmer und Baumeister Dipl. - Ing. Karl Bieger den Auftrag zum Entwurf der Staumauer.

Das Wasser sollte 3 Meter hoch aufgestaut werden und einen ca. 500 Meter langen See bilden. Die Wasserfläche wurde mit 12200 Quadratmetern veranschlagt, der Wasserinhalt auf 19600 Kubikmeter geschätzt. Der normale Wasserüberlauf sollte in der Mitte der 2,30 Meter breiten Mauer erfolgen. Für den Wasserüberlauf waren sieben Öffnungen vorgesehen. Zur Entleerung der Anlage war ein Grundablass mit einem Durchmesser von 50 cm Durchmesser vorgesehen. Die Mauerkrone sollte eine begehbare Betonplatte von einem Meter lichter Gangbreite bilden.

Noch am 23. Juni 1934 feierte der Sächsische Bergsteigerbund seine traditionelle Sonnwendfeier auf der Amselgrundwiese. Doch schon vier Wochen später, am Samstag, dem 21. Juli, wurde mit dem Bau des Amselsees begonnen.

Bürgermeister Winkler führe eigenständig den ersten Spatenstich aus. Noch am selben Tag begannen 30 Rathener Arbeitslose mit dem Bau. Der Bau ging zügig voran, obwohl sich erhebliche bauliche Probleme auftaten. Als der Bau der Staumauer im Jahre 1935 abgeschlossen war, erhielt das Gewässer den Namen "Amselsee". Pünktlich zum Beginn der Urlaubssaison in der Sächsischen Schweiz konnten die Besucher die Schönheit des Sees beim Rudern erleben. Bürgermeister Winkler lobte den Amselsee "als besonderen Erfolg nationalsozialistischen Gemeinschaftsleistung im Rahmen der Arbeitschlacht".

Es folgte der Gondelverkehr mit zahlreichen Ruderbooten und zwei Schaluppen. Auch das Eissägen im Winter mit der damit verbundenen Einlagerung des Eises für die Sommermonate wurde umgesetzt.

Amselsee mit Talwächter (ca. 1939)
Amselsee mit Talwächter (ca. 1939)

Ein böses Erwachen gab es bei der Abrechnung der angefallenen Kosten. Aus den vertraglich vereinbarten 22000 Reichsmark waren durch notwendige Mehrleistungen stattliche 38000 Reichsmark geworden. Die Gemeinde verweigerte die Zahlung und beauftragte den Architekten Carl Ernst Stephan, Biegers Rechnung zu prüfen. Dieser kassierte für sein Gutachten 415 Mark und konnte keine größeren Abweichungen feststellen. Dennoch blieb die Gemeinde hart. Nach zähen Verhandlungen erhielt Bieger 30700 Reichsmark und erlitt damit einen enormen Verlust.

Das meiste Geld kam von der Rathener Bevölkerung. Allein der Fährmeister und Gemeindeälteste Felix Hering spendete 10.000 Mark. Bei jährlichen Einnahmen von 11.000 Mark hatte sich der Bau bald rentiert und vier Dauerarbeitsplätze geschaffen.

Weitere Entwicklung:

Im Jahre 1954 wurden größere Ausbaumaßnahmen am Amselsee ins Auge gefasst. Die geplante Erhöhung der Staumauer um weitere sechs Meter und der Bau eines Freibades mit gleichzeitigem Betrieb von 70 Booten und 10 Schaluppen wurden jedoch glücklicherweise nicht realisiert.

Amselsee - Blick zur Lokomotive
Amselsee - Blick zur Lokomotive

Am 5. Juli 1958 ereignet sich zwischen Rathewalde und Uttewalde ein schweres Unwetter. Die Wasser- und Geröllmassen beschädigten auch zahlreiche Wege und Brücken im Amselgrund. So wurde zum einen auch die Staumauer durch mitgerissene Baumstämme beschädigt und zum anderen versandete der See so stark, dass nur noch eingeschränkter Ruderverkehr stattfinden konnte. Eine Entfernung des eingetragenen Materials wurde notwendig.

Im Jahr 1960 wurde die Anzahl der Boote und Kähne auf 38 erhöht, um den gestiegenen Besucherzahlen gerecht zu werden.

Da dem See ständig Material zugeführt und auch abgelagert wird, sind immer wieder sogenannte Entschlammungen des Amselsees notwendig. So auch im August 1992. Die Arbeiten wurden in der besucherarmen Zeit durchgeführt und im März 1993 abgeschlossen. Dabei wurden 5000 Kubikmeter Schwemmmaterial ausgebaggert. Die Gesamtkosten der Entschlammung beliefen sich auf 200.000 Euro. Davon wurden 80 % vom Land Sachsen getragen.

Schon Im Jahre 2002 musste der Amselsee erneut entschlammt werden. Diesmal mussten 2200 Kubikmeter Morast abgetragen werden. Die Kosten beliefen sich auf rund 105 000 Euro.

Amselsee mit Gehege
Amselsee mit Gehege

Nach der Fertigstellung des Amselsees wurde an seiner Ostseite ein Tiergehege errichtet. In diesem Gehege, das bis unmittelbar an die Uferzone heranreicht, soll Muffelwild gehalten worden sein?

Nach einer anderslautenden Aussage, von Dietrich Graf aus Rathewalde, wurden in dem Gatter Steinböcke gehalten. Betrachtet man die Abbildung, so wird man sicherlich der letzteren Aussage zuneigen.

Seit 1993 führt der Rathener Schifferverein in den Sommermonaten das beliebte "Aberdgondeln" auf dem See durch. Die Termine für das "Aberdgondeln" stehen auf der Homepage des Rathener Vereins.









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Literaturquellen:

[1] - Carl Heinrich Nicolai, "Wegweiser durch die Sächsische Schweiz" erster Auflage 1801


Letzte Änderung am 07.06.2023


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