Eisenbahnergründel


Westlich der Bastei liegt der kurze aber steil ansteigende Grund, der auf Oeders Karte (1592), als Hoffkluns bezeichnet wird. Der Name verweist wohl auf Kluft= Klunse, die bei früheren Hofjagden auf den kürzesten Weg in das Revier führte. Der Weg durch die Hoffkluns war der um 1800 am häufigsten benutzte Weg auf die Bastei. Auch Carl Heinrich Nicolai und Wilhelm Leberecht Götzingen haben wohl diesen Weg benutzt, auch wenn sie den Aufstieg zur Bastei in ihren Reisebeschreibungen nicht ausführlich beschrieben.

Alte, in Felsen geschlagene Jahreszahlen, sind noch heute Zeugnisse vergangener Zeiten, die auf alte Bereinungen oder Wegebaue hindeuten. Ein Stück oberhalb des Wartturmes sind noch steinerne Stufen und Falze in den Felsen zu erkennen, die auf den alten Weg auf die Bastei hinweisen.

Hoffkluns- alte jahreszahl
alte Einmeißlung

Dieser alte Aufstieg geriet nach und nach in Vergessenheit nachdem Förster Auerswald, im Jahre 1814, den Aufstieg durch den Wehlgrund und die Vogeltelle errichten ließ.

Der Name Hoffkluns behielt noch bis ca. 1880 seine Gültigkeit. Danach bürgerte sich der Name Eisenbahnergründel auch auf vielen Wanderkarten ein [1]. Wie konnte es zu dieser, auf den ersten Blick, nicht nachzuvollziehenden Bezeichnung für einen unbedeutenden und fast vergessenen Grund kommen?

Ganz einfach, in diesem Grund war der Bau einer Drahtseilbahn geplant, um in wenigen Minuten, den Höhenunterschied von fast 200 Metern, von Rathen hinauf auf die Bastei zu überwinden.

Das Projekt einer solchen Bahn wird verständlich, wenn man bedenkt, dass im 19. Jahrhundert ein großer technischer Aufschwung eingesetzt hatte, der auch die Sächsische Schweiz erreichte: Die Eisenbahn fuhr durch das Elbtal, die Bastei hatte eine neue steinerne Brücke erhalten und die sich verstärkende Personenschifffahrt vermehrte ebenfalls den Touristenandrang in das Elbsandsteingebirge. So waren schon Ende 1880 die technischen Vorbereitungen für den Bau der Drahtseilbahn nahezu abgeschlossen.

Die von Friedrich Ohnesorge neu bearbeitete 11. Auflage (!) des in der Griebeschen Reisebibliothek für das Jahr 1881 herausgegebenen Bandes "Sächsische Schweiz" mit dem Untertitel "Wegweiser für Reisende“ erläutert deshalb schon die geplante Anlage detailliert; "ln Rathen begibt man sich zur Wartehalle der Drahtseilbahn, um mit dieser in 7 Minuten für 50 Pfennige eine Höhe zu erreichen, zu deren Ersteigung man auf alten Wegen fast eine Stunde nötig hat."

Das Projekt sah vor, mit einem Steigungswinkel von etwa 35 Grad in der kleinen nur 15 bis 25 Meter breiten Felsschlucht westlich der Bastei mit einer Länge von 337 Metern das Plateau zu erreichen. Vorgesehen waren Doppelgleise aus drei Schienen, so dass die mittlere Schiene beiden Gleisen angehört. In der Mitte der Höhe sollte eine Weiche eingebaut werden, die beide Wagen dann in einer Entfernung von 90 Zentimetern passiert hätten. Das Gewicht des mit bis zu 24 Personen besetzten Wagens wurde samt dem Drahtseil mit 80 Zentnern angegeben. Die Sicherheit des Tragseils veranschlagte man mit 600 Zentnern. Dies sollte eine zehnfache Sicherheit garantieren. Die weitere Sicherung war durch ein Reserveseil vorgesehen.

Die Bahn, die eng an dem Wartturm bzw. der damals neu entdeckten Vehmhöhle vorbeiführen sollte, konnte fast überall auf den Boden gesetzt werden. Lediglich kurz vor der Vehmhöhle machte sich wegen, der dortigen Vertiefung, eine Überbrückung von 36 Metern notwendig. Den Antrieb sollte eine Dampfmaschine übernehmen. Heute ist für diese Streckenführung im Volksmund der Begriff "Eisenbahngründel" bekannt. Weiter schrieb Herr Ohnesorge im Reiseführer: "Die Wagen haben je drei Goupees, die treppenartig übereinander sind und laufen auf vier Rädern." Unternehmer dieses Objekts waren der Eisenbahndirektor C. Westphal und Ingenieur Thurmann. Mit dem Bau sollte schon im Frühjahr 1881 begonnen werden [2].

Schon frühzeitig kam es zu Proteste durch naturverbundene Personen und Vereine, hier seien der „Gebirgsverein für die Sächsische Schweiz“ und der Vaterländische Gebirgsverein "Saxonia" genannt.

Im Oktober 1880 veröffentlichte der Vaterländische Gebirgsverein "Saxonia" einen Aufruf gegen die Drahtseilbahn zur Bastei und fordert auf, sich in die ausliegenden Protestlisten einzuzeichnen. Im Dezember werden 7500 Protestunterschriften an das Innenministerium übergeben. [3]

Aber es gab nicht nur Gegner des Projektes sondern auch prominente Befürworter. Zu ihnen zählte der berühmte Fotograf der Sächsischen Schweiz, Hermann Krone. Krone war selbst Mitglied des Gebirgsverein für die Sächsische Schweiz.

Die von Hermann Krone, Vorsitzender der Section Dresden, unterzeichnete Erklärung zur "Drahtseilbahn Bastei" schließt mit dem Satz: "Wir sind daher auch überzeugt, dass in gewissen Kreisen, in welchen man heute noch mit Besorgnis auf den projectirten Bau blickt, sobald die Bahn vollendet und in Betrieb ist, man die Vortheile derselben nur dankbar anerkennen kann".

Die Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern spitzten sich immer mehr zu. So schrieb man Ende 1880 in der Verbandszeitschrift "Ueber Berg und Thal" über die Drahtseilbahn auf die Bastei "Was Anfangs wie blosser Humbug errschien, hat eine erstere Gestaltung gewonnen".

Durch die vielen Proteste der Naturschützer siegte am Ende die Vernunft, und der Bau konnte 1881 im letzten Moment verhindert wurde.

Auch später gab es wiederholt Versuche Bahnen und Aufzüge auf die Bastei zu errichten. Ich möchte nur an das Projekt einer Zahnradbahn (1890) auf die Bastei erinnern. Auch diese wurden alle erfolgreich verhindert. Wären sie verwirklicht wurden, wäre es duch eine Art Vorbildwirkung, sicherlich auch zu Aufzügen oder Bahnen auf anderen Felsen oder Aussichten gekommen. Erinnern möchte ich nur an mehrmaligen Versuche, auch auf den Lilienstein einen Aufzug zu errichten.

Weitere Projekte: 1902 - Projekt eines elektrischen Aufzuges zur Bastei.[3]

Artikel im Basteianzeiger 1.2014

Ein Konsortium, bestehend aus Unternehmen der Hauptstadt Berlin, hatte heimlich, still und leise dieses Projekt erarbeiten lassen und anschließend versucht bei den Banken das nötige Kleingeld für den Bau der geplanten "Attraktion" zu bekommen. Als die Finanzierung stand und die erforderlichen Behördengänge begannen (erst jetzt erfolgte die Veröffentlichung), regte sich ernsthafter Widerstand in der Bevölkerung, bei vielen Vereinen sowie auch bei einigen Behörden, auch in der Amtshauptstadt Pirna.

Nach längerem Hin und Her wurde für die geplante Baumaßnahme keine Baugenehmigung erteilt, und das Konsortium zog den Bauantrag zurück. Der Stadtrat von Wehlen, gemeinsam mit dem Gebirgsverein für die Sächsische u. Böhmische Schweiz, Sektion Wehlen, war an der Verweigerung des Bauantrages erheblich beteiligt. Da der damalige Vorsitzende der Sektion Wehlen, der Hotelier Freyer mit dem Stadtrat zu Wehlen gemeinsam für den Centralausschuss des Gebirgsvereins ein Gutachten über das Vorhaben erarbeiten musste, welches als Arbeitsgrundlagen der Behörde diente. Damit sich der heutige Leser Vorstellungen über die geplante Baumaßnahme machen kann, sollen noch einige Details genannt werden:

- Die Seilbahn sollte vom Elbufer über die "Weißen Brüche" zum Basteifelsen führen. Ca. 20m westlich des Hauses von Rathen, damals dem Schiffer H. Matthes gehörig, über den Elbhang und weiter in einer Felsschlucht (jedem Wanderer als Eisenbahn Gründel bekannt).

- Die Talstadion 5m über dem Elbspiegel, die Bergstation auf dem Bastei Plateau (wenige Meter neben den jetzigen Berghotel, das ist die Stelle wo früher der Aussichtsturm stand).

- Die Seilbahn sollte mit vier Rädern auf Schienen, mittels Seilwinde gezogen werden. Die Seiwinde sollte als Antrieb eine Dampfmaschine erhalten.

- Es war jewals eine Gondel für Berg- und Talfahrten vorgesehen.

Die Steigung der Bahn sollte 70% betragen.

- 9/10 der gesamten Bahnstrecke wären von der Eisenbahn (linkselbig) aus nicht zu sehen gewese, da sie von Felsen bzw. Wald verdeckt gewesen wäre. Laut Prospekt war nur die Talstation und das Gleis auf dem Haldenhang zu sehen.

 Seitenanfang


Literaturquellen: :

[1]- Richard Vogel- Werte unserer Heimat (Gebiet Königstein)

[2]- Heinz Strohbach- Basteianzeiger- Amtsblatt der Gemeinde Lohmen (Nr. 2/22.Jahrgang)

[3]- Joachim Schindler - Chronik und Dokumentation zur Geschichte von Wandern und Bergsteigen in der Sächsischen Schweiz sowie zur Entwicklung touristischer Organisationen in Sachsen - Teil I: Vom Jahr 1864 bis zum Jahr 1918


Interessante links :

- Gemeinde Lohmen


Letzte Änderung am 06.12.2021


Impressum